Aufgaben
Die Regierung von Oberbayern gab als Ziel für das informelle Beteiligungsverfahren vor, die Öffentlichkeit über die Wertigkeit und Gefährdung des Gebiets zu informieren und die Einsicht in die Notwendigkeit von Maßnahmen zum Schutz und Erhalt des Gebiets einschließlich einer Schutzgebietsverordnung und deren effektiver Umsetzung zu fördern. Zudem sollte die Bereitschaft insbesondere der potentiellen Nutzer geweckt werden, an der Erhaltung des Gebiets aktiv mitzuwirken oder zumindest das eigene Verhalten an den Erfordernissen einer langfristigen Erhaltung auszurichten. Zur Entlastung des anschließenden förmlichen Verfahrens sollten schon im Vorfeld wesentliche Konfliktfelder identifiziert und unter Einbeziehung der Betroffenen nach Lösungsmöglichkeiten gesucht werden, die den Besonderheiten des Gebiets im Hinblick auf die hohe naturschutzfachliche Wertigkeit einerseits und seine Lage in unmittelbarer Nähe zum Siedlungsrand einer Großstadt andererseits angemessen Rechnung tragen.
Neben der besonderen naturschutzfachlichen Ausgangslage gehört die intensive Belastung des Bodens durch Kampfmittel, insbesondere aus der vorausgegangenen Nutzung als militärisches Übungsgebiet und als Folge des zweiten Weltkriegs, zu den wesentlichen Rahmenbedingungen eines NSG Südliche Fröttmaninger Heide. Die Beweidung durch Schafe spielt eine wesentliche Rolle zur Erhaltung des Heidecharakters dieser Landschaft. Daneben gibt es eine intensive Nutzung als Erholungsgebiet vor allem für die im Süden angrenzenden Siedlungen und vergleichsweise untergeordnete Nutzungen, wie die Jagd auf Niederwild. Auch die Interessen des Grundbesitzers, dem Heideflächenverein Münchener Norden e.V., und dessen Beziehungen zu den Nutzern sind wesentliche Aspekte, die im NSG von besonderer Bedeutung sein werden.
Vorgehen
Die elmauer institute Deutschland informierten mit ihren Partnern im Rahmen des Bürgerbeteiligungsprozess die Nutzer und banden diese durch eine Vielzahl von Methoden ein. Das Methodenpaket wurde so zusammengestellt, dass insgesamt sowohl eine ausreichende Intensität wie auch eine ausreichende Breite des Dialogs ermöglicht wurde. Thematische Workshops und die Kommunikation mit individuellen Nutzern, unter anderem durch Fragen und Kommentare auf der Webseite www.UnsereHeide.de und Gespräche an einem mobilen Informationsstand waren auf einen intensiven Dialog mit Bürgern ausgelegt. Die Breite des Gedankenaustauschs und die Verteilung von Informationen an eine möglichst hohe Zahl von Bürgern wurde vor allem durch die begleitende Medienarbeit und die Webseite www.UnsereHeide.de sowie in etwas geringerem Maß durch einen Newsletter erreicht. Insbesondere die thematischen Workshops und die Aktion Wegefreigabe haben die Nutzer in eine aktivere Rolle versetzt.
Eva-Maria Cattoen unterstützte die elmauer instutute Deutschland bei der Konzeption und Umsetzung der informellen Bürgerbeteiligung zur Vorbereitung des formellen Verfahrens zur Ausweisung des Gebiets „Fröttmaninger Heide – Südlicher Teil“ als Naturschutzgebiet. Insbesondere war sie bei folgenden Aufgaben beteiligt:
Erarbeitung einer Strategie zur Akzeptanzschaffung
Einrichtung und Betrieb einer Internet-Plattform mit Informationen zum Gebiet und zum Verfahrensstand sowie Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger
Aufbereitung und Auswertung der über die Internetplattform und anderweitig eingegangenen Äußerungen
Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung einer Pressekonferenz zu Projektbeginn und einer der Auftaktveranstaltung
Konzeption, Durchführung und Nachbereitung von Themenworkshops
Projektmanagement (z. B. Besprechungen, Dokumentation des Beteiligungsprozesses und der Ergebnisse)
Ergebnis
Als Ergebnis der Bürgerbeteiligung liegen nun eine Reihe von Anregungen vor, wie die vielfältigen Nutzungsinteressen in der Fröttmaninger Heide auch weiterhin befriedigt werden können, ohne dabei die Naturschutzziele zu gefährden oder Konflikte zwischen Nutzungen zu provozieren und eine Lenkung der Nutzungen zu erreichen. Nicht bei allen Themen konnte ein von der Mehrheit der Nutzer gemeinsam getragene Anregung gefunden werden. Insbesondere beim Thema ‘Hunde ausführen’ standen einzelne, mitunter unversöhnliche Interessen einer gemeinsam getragenen Anregung entgegen. Auch bei Themen, bei denen die Nutzer keine gemeinsame Linie fanden, konnten immerhin Bedingungen und Teilaspekte von Lösungsansätzen erarbeitet werden, die in einer brauchbaren Lösung enthalten sein sollten. Aufbauend auf den Anregungen der Bürger erstellte die Arbeitsgemeinschaft einen Bericht mit Empfehlungen zur Gestaltung der NSG-Verordnung und zur Förderung der Akzeptanz und Kooperationsbereitschaft der Nutzer vor. Viele dieser Empfehlungen sind mit Regelungen für andere Naturschutzgebiete vergleichbar, einige Regelungen sind jedoch innovativ und erlauben eine liberale Handhabung von Nutzungen, wenn die Nutzer ein rücksichtsvolles und eigenverantwortliches Verhalten zeigen. Dazu gehören beispielsweise Zonen, in denen Nutzer ganzjährig ihren Interessen nachgehen dürfen. Die Arbeitsgemeinschaft empfahl zudem einen großzügigen Freiraum für das Ausführen von Hunden zu schaffen. Unter der Voraussetzung, dass ein Hundeführerschein oder vergleichbarer Nachweis vorliegt, sollten Hunde in der Zone des freien Betretens ganzjährig und in der Zone des naturverträglichen Heideerlebens in der weniger sensiblen Zeit auch ohne Leine geführt werden dürfen. Diese Lösung ist so liberal wie innovativ: In der Fröttmaninger Heide macht sie Sinn, weil es Hundebesitzern ein wichtiges Motiv gibt, an der Lösung selbst aktiv mitzuwirken, weil die von Anarchie geprägte Ausgangslage so verfahren und das gegenseitige Vertrauen so gering ist. Außerdem kann man wegen der Größe der Fröttmaninger Heide für die Interessen der Hundebesitzer eine rund 50 ha Fläche zur Verfügung stellen ohne die Naturschutzziele aufzugeben.
Insgesamt hat die Bürgerbeteiligung bereits einen bemerkenswerten Wandel ermöglicht. Mit der gewachsenen Bereitschaft der Nutzer, eine aktive Rolle in der Erhaltung der Fröttmaninger Heide zu übernehmen, erscheint heute eine konstruktivere Zusammenarbeit unter Nutzern und mit Behörden und dem Grundbesitzer erreichbar. Dieser Wandel ist grundlegend. Er stellt jedoch nur den Auftakt zu einer noch tiefer greifenden Veränderung dar: ein an gemeinsamen Zielen und Normen ausgerichtetes Nutzerverhalten, das die heute weit verbreitete Anarchie im Gebiet ablöst. Wie jede tiefgreifende Verhaltensänderung ist das Anpassen von Verhaltensweisen der Nutzer ein komplexer sozialer Prozess.